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28. Juli 2020

DER BALL IST MEINE FREUNDIN

  • Posted By : Roman Horschig/
  • 0 comments /
  • Under : Fußball

Vor nicht allzu langer Zeit habe ich mir mal wieder den etwas älteren Film Undisputed angeschaut. Wesley Snipes spielt darin einen Boxchampion im Knast, der seit zehn Jahren in Gefängnis internen Kämpfen ungeschlagen ist. Ving Rhames ist der amtierende Weltmeister und wird im selben Gefägnis inhaftiert. In einer epischen Schlacht, finden die beiden heraus wer die wahre Nummer Eins ist. Eine ähnliche Szenerie könnte sich vor kurzem in einem paraguayischen Gefängnis abgespielt haben. Mit einem Fußball. Denn der vielleicht talentierteste Spieler, der jemals einen Fußballrasen betreten hat, hatte zuletzt die Ehre etwas mehr als einen Monat hinter Gittern zu verbringen. Ob es dort zu atemberaubenden Matches mit den besten Insassen gekommen ist, ist nicht überliefert. Fakt ist aber, dass die ganze Geschichte auch Stoff für einen epischen Film liefern würde. Denn die Highlights- Reels des Mannes, über den ich spreche, werden noch heute auf Youtube rauf und runter zelebriert. Für jedes Kind der frühen Neunziger, was nur ansatzweise mit Fußball zu tun hatte, war er einer, wenn nicht der prägenden Spieler seiner Zeit. Er wird oft mit einem Feuerwerk verglichen, was kurz auflädt, extrem hell und unvergesslich scheint und dann auch wieder ganz schnell vergeht. Ronaldo de Assis Moreria, besser bekannt als Ronaldinho war zwischen 2004 und 2006 das Nonplusultra in den Fußballstadien Europas. Tore, Vorlagen, Titel und Applaus im Bernabeu. Dazu immer ein Lächeln im Gesicht und eine Ausstrahlung die seines gleichen sucht. Ein Magier am Ball, der trotzdem in vielen ALL TIME Teams keinen Platz findet. Der auch in Sachen Titeln und Toren den ganz Großen seiner Zunft um einiges nachsteht. Weil sein Stern eben nur relativ kurz geschienen hat. Und trotzdem: immer wieder fällt sein Name, wenn man Fußballfans nach ihrer persönlichen Nummer Eins fragt. Warum ist das so? Reichen seine Peak Jahre und Leistungen um ihn in eine Jahrhundertelf zu stecken? Wie gut war Ronaldinho wirklich?

MIT DEM BALL GEBOREN

Als ich sieben war, fing ich an im Verein zu spielen. Das einzige Gras auf dem Feld war in der Ecke. In der Mitte gab es kein Gras, nur Sand. – Ronaldinho

Der junge Ronaldo de Assis Moreria wird am 21. März 1980 in Porto Alegre, in Brasilien geboren. Er wächst in Vila Nova auf, einer armen in Region im Süden des Landes. Schon von Geburt an kennt der Junge nichts anderes als Fußball. Sein Vater schenkt ihm zu seinem ersten Geburtstag neue Fußballschuhe und der kleine Racker ist infiziert. Der Padre ist ehemaliger Profi, sein anderer Sohn Roberto kickt auf höchstem brasilianischen Niveau und auch alle anderen männlichen Familienmitglieder spielen irgendwo im Verein Fußball. Es gibt sogar eine Mannschaft die an Hobby Turnieren teilnimmt, welche ausschließlich aus Familienmitgliedern von Ronaldinho besteht. Wenn einer den Ballsport im Blut hat, dann er. Sein größtes fußballerisches Vorbild ist sein Bruder Roberto. Das Nacheifern seines Idols, das nie die ganz große Karriere schaffte, ist ein Grundstein für Ronaldinhos Motivation. Mit sieben Jahren beginnt er im Verein bei Gremio Porto Alegre und macht in seiner frühen Jugend zum Beispiel dadurch auf sich aufmerksam, dass er 23(!!!) Tore in einem Spiel schießt. Und zwar alle 23 seines Teams. Der junge Brasilianer spielt vor allem Futsal und am Strandfußball und verbessert so seine unglaublichen Skills noch weiter. Auf Stadt Turnieren und anderen Futsal Wettbewerben sammelt Ronaldinho wertvolle Erfahrung. Auch andere große Spieler wie Zico und Rivelino starteten ihre Karrieren als Futsalspieler. Der kleine Mann will in eben diese großen Fußstapfen treten. Körperlich ist er eher schmächtig gebaut, doch seine Ballbehandlung, seine Tricks und sein natürliches Verständnis vom Spiel sind seinen Mitspielern oft Lichtjahre voraus. Ein Start ins Leben, der doch alles in allem recht rosig aussieht.

Doch schon im Alter von acht trifft den jungen Brasilianer der erste heftige Schicksalsschlag seines Lebens. Sein Vater Joa ertrinkt im Pool des Hauses. Ein Paradoxon des Lebens, denn nur aufgrund der ersten Erfolge von Ronaldinhos großem Bruder Roberto, kann sich die Familie ein Anwesen mit Pool leisten. Der Vater, der zeit seines Lebens immer wieder zur Flasche gegriffen hat, erleidet angeblich einen Herzinfarkt. So verlässt ein wichtige Figur das Leben des jungen Brasilianers von heute auf morgen. In frühen Zeiten bläst Joa dem Jungen Wasserballons auf und hängt diese an die Eckbalken des Hauses. Für jeden Treffer bekommt Dinho einen Lutscher. Nach dessen Tod wird der deutlich ältere Bruder Roberto noch mehr zu Mentor Figur. Auch Ronaldinhos Mutter klammert sich an den Jungen und sieht in ihm die große Chance endgültig aus der Armut zu verschwinden. Ronaldinho wird jedwede Arbeit abgenommen, er kann sich voll aufs Fußballspielen konzentrieren. Und seine Karriere geht weiter steil bergauf. Bereits im Alter von 17 Jahren gibt er sein Profidebüt bei Gremio Alegre. In seiner ersten vollen Saison erzielt er in 48 Spielen bereits 23 Tore für Gremio. Er ist bereits in diesen jungen Jahren das offensive Aushängeschild des Teams und macht mit atemberaubendem Speed und Tricks auf sich aufmerksam. Trotz der schwierigen lokalen Presse, die schwächere Leistungen stark kritisiert, entwickelt er sich stetig weiter. Unter anderem lässt er die Verteidiger Legende Carlos Dunga in einem Spiel um die Staatsmeisterschaft extrem alt aussehen. Ronaldinho ist das Talent überhaupt in Südamerika. Und auch der weltweite Durchbruch sollte nicht mehr lange auf sich warten lassen.

DER JUNGE RONALDINHO IN SEINEM ELEMENT

BIG IN JAPAN

Ronaldinho trainierte unter der Woche fast nie. Er präsentierte sich dem Trainer dann immer nur freitags, um samstags spielen zu können. Das war Ronaldinho, er war fast jede Nacht auf Tour. – Jerome Lerroy, Ex Mitspieler bei Paris St. Germain

Denn es gibt ja nicht nur den Vereinsfußball, sondern auch die Nationalmannschaft. Und hier ist Ronaldinho 1999 bereits ein wichtiger Baustein. Zuerst gewinnt er an der Seite der beiden brasilianischen Legenden Rivaldo und Ronaldo den Copa America und dann zaubert er sich in deren Abwesenheit beim Confed Cup in das ewige Gedächtnis der Fußballfans. Mit 19 Jahren wird Ronaldinho mit 10 Scorerpunkten zum Spieler des Turniers in Mexiko, spielt Deutschland an die Wand und die europäischen Vereine fangen an ein Auge auf das Jahrhunderttalent zu werfen. Ronaldinho hat als einer der wenigen aufstrebenden Superstars in Brasilien alle Jugendnationalmannschaften des Landes durchlaufen. Der leidenschaftliche Musiker, gewinnt vor seinem Debüt in der “großen” Selecao unter anderem die U17 Weltmeisterschaft. Im Halbfinale deklassiert Brasilien Deutschland, bei dem ein gewisser Sebastian Deisler die Fäden zieht. Der Brasilianer ist heiß begehrt, unter anderem der FC Arsenal will Ronaldinho holen und der Deal ist quasi schon in trockenen Tüchern. Doch der kleine Ronaldo, wie er in Anlehnung an den damals besten Fußballer der Welt genannt wird, kriegt keine Arbeitserlaubnis in England und der Transfer platzt. An dieser Stelle einfach mal die Augen schließen und sich ein Arsenal mit Bergkamp, Henry UND Ronaldinho vorstellen. Hätte sehr geil werden können.

Stattdessen sichert sich Paris St. Germain die Dienste des Brasilianers mit dem Zauberfuß. Der Wechsel geht nur unter heftigem Streit um die Ablösesumme von Statten und der Brasilianer lernt das erste Mal die dunkle Seite des Fußballs kennen. Zeitweise trainiert er alleine in Rio, bis er in Frankreich starten darf. Paris hatte in den letzten Jahren einige gute Brasilianer in seinen Reihen und dementsprechend wird der Mann aus Porto Alegre mit Freuden empfangen. Ronaldinhos elektrisierende Ballkontrolle, seine Wunder Pässe und Tempo Dribblings kommen in Frankreich auch schnell gut an. Er soll die Lücke füllen die Youri Djorkaeff hinterlassen hat. Nur sein Trainer Luis Fernandez kritisiert Ronaldinho immer wieder, weil dieser sich angeblich mehr im Pariser Nachtleben rumtreibt, als auf dem Fußballplatz. Eine Kritik die in der Retroperspektive wohl sehr berechtigt ist. Ronaldinho scheint den Fußball in Paris nie hundertprozentig ernst zu nehmen. Was er auf dem Platz abliefert ist trotzdem teilweise atemberaubend und in seiner ersten Saison landet Paris am Ende auch deutlich verbessert auf dem vierten Tabellenplatz. Joga Bonito ist in der Hauptstadt angekommen.

Spiele für Paris
Tore für Paris
Assists für Paris

Ronaldinho stammt aus dem Bundesstaat Rio Grande do Sul, der bekannt für das beste Fleisch des Landes ist. Und das Beste sollte für Ronaldinho auch noch kommen, denn trotz der titellosen Saison avanciert das Fußballgenie trotzdem zum Teil einer der besten Fußballmannschaften aller Zeiten: das brasilianische Nationalteam bei der Weltmeisterschaft 2002. An der Seite von Ronaldo und Rivaldo zaubert sich der wendige Dribbelkönig zum Weltmeister. Nicht ohne sein Team im Viertelfinale mit einer Weltklasse Vorlage und einem der besten Freistöße der WM-Historie vor dem Aus zu retten. Im Finale wird Deutschland mit 2:0 nach Hause geschickt. Nach diesem Sieg und einer mittelmäßigen Saison in Paris gibt Ronaldinho bekannt den Verein verlassen zu wollen. Er ist einer der begehrtesten Spieler auf dem Transfermarkt.

RONALDINHO HAUT ENGLAND RAUS

JOGA BONITO IN KATALONIEN

Ronaldinho war phänomenal, er hat seine Gegner aussehen lassen wie Kinder. – Zlatan Ibrahimovic

Und begehrt heißt in diesem Fall sehr begehrt. Real Madrid, Manchester United und der große FC Barcelona hegen starke Gefühle für den brasilianischen Superstar. Als Real sich David Beckham angelt ist aber klar: es geht nach Katalonien oder auf die Insel! In einem finalen Wettbieten, bei denen die Vertreter der Clubs in unterschiedliche Zimmer in einem Pariser Hotel geladen werden, sichert sich schließlich Barca die Dienste des Edeltechnikers vom Zuckerhut. Joga Bonito ab jetzt bei der Blaugrana, aber nicht ohne besondere Einschränkungen: Ronaldinho darf als Spieler des FCB weder Motorrad noch Jetski fahren. Der Brasilianer soll genug Spaß auf dem Fußballplatz haben. Für die Fans wird Ronaldinho schnell zum Heilsbringer. Denn der große FC Barcelona ist zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr so groß. Das Team liegt weit hinter den Erwartungen zurück und der Brasilianer haucht der Mannschaft neues Leben ein. Im Alleingang ballert er das Team in seiner ersten Saison auf Platz Zwei in der Primera Division. Vor Real Madrid mit David Beckham. Nebenbei wird er zum Spieler der Saison gewählt. Besonders auffällig sein erstes Tor vor heimischem Publikum gegen Sevilla: ein absoluter Leckerbissen zum Zunge Schnalzen.

DAS CAMP NOU BEBT

Und in der nächsten Saison sollte der ganz Große Kracher folgen. Das Team wird mit Samuel Eto’o und Landsmann Deco verstärkt und Ronaldinho bleibt trotz heftigem Werbens des FC Chelsea und Roman Abramowitsch seinem Team treu. Es sollte sich mehr als lohnen. Das Team pflügt durch die Meisterschaft und holt sich am Ende die lang ersehnte Meisterschaft mit vier Punkten vor Real Madrid. Es ist der erste Titel überhaupt seit sechs Jahren. Ronaldinho hat das Team innerhalb von zwei Jahren komplett verwandelt. Und auch in der Champions League spielt Barcelona teilweise atemberaubenden Fußball. Im Achtelfinale geht es gegen die Millionentruppe des FC Chelsea mit Startrainer Jose Mourinho. In einem der spannendsten Rückspiele der letzten Dekaden erzielt Ronaldinho das Tor des Jahres in der Champions League. Später sagt er, er habe sich gefühlt als hätte er bei einem Videospiel Pause gedrückt und nur er durfte weiterspielen.

RONALDINHO ZERLEGT DIE CHELSEA ABWEHR

Doch auch sein Wundertor hilft nicht, Barcelona verabschiedet sich gegen die Engländer aus dem Wettbewerb. Am Ende der Saison wird der Brasilianer von der FIFA zum Weltfußballer gewählt. Er spielt das Spiel zu dieser Zeit wie kein anderer und strahlt dabei eine Leichtigkeit aus die seinesgleichen sucht. Er ist die Definition von Joga Bonito, dem schönen Spiel und der Leichtigkeit des Seins. Gleichzeitig wirkt Ronaldinho zu dieser Zeit so fokussiert und entschlossen wie nie zuvor. In der nächsten Saison gibt es nur zwei Ziele für den Brasilianer: die Champions League mit dem FC Barcelona und die Weltmeisterschaft in Deutschland mit Brasilien.

WIE GEWONNEN SO ZERRONNEN

An diesen Trick werde ich mich noch erinnern, wenn ich irgendwann einmal meine Karriere in der Kreisklasse als Stürmer ausklingen lasse. – Tim Wiese, über Ronaldinhos Freistoß unter der Mauer hindurch

Das Team um den brasilianischen Superstar startet langsam in die Saison, dreht dafür umso mehr auf. Vor dem Clasico gegen Real ruft Ronaldinho jeden Mitspieler einzeln nachts an und sagt er werde zu Real wechseln, aber bittet auch jeden einzeln die News für sich zu behalten. Nachdem alle geschwiegen haben, lässt er vor dem Spiel in der Kabine die Bombe platzen. Ich werde nirgendwo hingehen, ich wollte nur testen ob ihr alle Euer Wort halten. Ihr habt es getan, und jetzt werden wir Real zerlegen. Und das tut der FC Barcelona! Im Bernabeu gewinnt das Team von Frank Rijkaard mit 3:0. Doppelpack Ronaldinho! Danach erhält er als dritter Spieler nach Johann Cruyff und Diego Maradona Standing Ovations von den Real Fans. Eine Sache, die an sich mehr wert ist als alle Trophäen. Barca wird am Ende wieder Meister und spielt sich auch ins Finale der Champions League. Weder Chelsea mit Frank Lampard, Benfica mit Simao oder Milan mit Kaka haben eine Chance gegen Barca. Im Finale dreht das Team dann einen Rückstand gegen den FC Arsenal um Thierry Henry und setzt sich endlich wieder Europas Krone auf. Ronaldinho heimst während der Saison wieder den Weltfußballer Titel, dazu Ballon D’or und die Wahlen von World Soccer, Onze und FIFPRO ein. Die Weltmeisterschaft in Deutschland kann kommen. Meint man.

DIE GUTEN ALTEN ZEITEN PEPSI WERBUNG WM 2006

Brasilien fährt als Titelverteidiger nach Germania. Dazu hat man ein Jahr zuvor in beeindruckender Manier und mit Ronaldinho als Anführer den Confed Cup gewonnen. Doch die Mannschaft 2006 ist eine andere als 2005. Ronaldo, Roberto Carlos und Cafu beanspruchen jetzt ihre Führungsrollen, nachdem sie beim Confed Cup ausgesetzt haben. Sie sind alle fast zehn Jahre älter als Ronaldinho. Anders als bei Barca ist er hier nicht die erste Geige und das Spielsystem ist nicht für ihn aufgebaut. Und anders als bei Barcelona blüht er hier nicht auf. Brasilien übersteht ohne große Leistungen die Vorrunde und schaltet auch Ghana im Achtelfinale ohne große Gegenwehr aus. Doch der Fußball des Teams von Nationaltrainer Parreira ist ernüchternd. Dinho blitzt hier und da auf, doch es ist total offensichtlich, dass er seine Rolle im Team gar nicht kennt oder gefunden hat. Ronaldo, Adriano, Ronaldinho und Kaka sollen eigentlich als ein magisches Viereck funktionieren. Doch Magie sieht anders aus. Im Viertelfinale wartet dann Frankreich, einer der Angstgegner der Selecao. Gibt es ähnlich wie bei der WM 2002 eine Signature Perfomance von Ronaldinho im Viertelfinale? Die gibt es, aber nicht von ihm. Zinedine Zidane bringt eine der besten Partien seiner Karriere auf den Platz und spielt die brasilianische Elf an die Wand. Weder Ronaldinho, noch Ronaldo oder Kaka können dem Spiel eine Wende geben. Brasilien unterliegt am Ende verdient und scheidet aus. 

ZIDANE ZERLEGT DIE SELECAO

Eine Fußball Weltmeisterschaft hat für Brasilien eine Bedeutung wie für kaum ein anderes Land. In Südamerika herrscht viel Armut und Korruption, doch wenn es um Fußball geht wird das Land vereint. Nirgendwo sonst sind die Brasilianer die besten, außer eben im elf gegen elf. Umso heftiger ist der Schmerz nach einer Niederlage. Auch Ronaldinho bekommt dies zu spüren. So wird eine Statue von ihm in der Heimat angezündet. Der WM-Sieg 2002 scheint komplett vergessen und der Mann aus Porto Alegre muss den wohl heftigsten Rückschlag seiner Karriere hinnehmen. Der sonst immer lächelnde Strahlemann versinkt plötzlich in eine Depression.

Spiele für Brasilien
Tore für Brasilien
Vorlagen für Brasilien

PARTYKÖNIG

Ich bin hässlich, aber dafür habe ich Charme. – Ronaldinho

Was würde er tun, wenn er alle Trophäen im Weltfußball gewonnen habe? Diese Frage wurde Ronaldinho einst gestellt, seine Antwort: Alle noch einmal gewinnen! Sollte Ronaldinho ein Mann sein, der auf sein Wort viel Wert legt dann dürfte ihn dieser Satz noch verfolgen. Der Brasilianer kehrt mental stark angeschlagen von der WM zurück und findet in Barcelona nicht mehr in seine alte Form. Zwar erzielt er in 32 Ligaspielen 30 Scorerpunkte, aber der mannschaftliche Erfolg bleibt aus. Das Team verspielt die Meisterschaft an die punktgleichen Königlichen von Real Madrid. Auch in der Champions League ist früh gegen Liverpool Schluss. Der Weggang von Barcas Assistenztrainer Henk ten Cate wiegt schwer, auch Frank Rijkaard ist als Coach angeschlagen. Dinho kann dem Team plötzlich keine Richtung mehr geben.

Spiele für Barcelona
Scorerpunkte für Barcelona
Titel mit Barcelona

In der darauffolgenden Saison bricht er dann völlig ein. Er feiert wild im katalanischen Nachtleben und sammelt so einen neuen Spitznamen: Mister Morgengrauen. Selbst vor wichtigen Spielen lässt er es krachen, unter anderem vor dem Champions League Halbfinale gegen Manchester United. Seine wilde Partynacht wird sogar von einem Journalisten in voller Länge aufgezeichnet. Leo Messi wird mehr und mehr der Star des Teams und als Ronaldinho seine letzte Chance verspielt und zur Vorbereitung auf die neue Saison betrunken zum Training erscheint, wird er vom neuen Coach Guardiola nach Italien zum AC Milan verfrachtet. Dort blitzt zwar vor allem in seinem zweiten Jahr nochmal sein Können auf, doch im Vergleich zu früher ist er nur noch ein Schatten seiner selbst. Auch in Italien wird angeblich mehr gefeiert als trainiert. Der einstige Weltfußballer wird schließlich 2011 für drei Millionen nach Brasilien verfrachtet. Er ist zu diesem Zeitpunkt 31 Jahre alt, also immer noch im besten Fußballer Alter. Eigentlich unfassbar, dass er jetzt in einer weltweit gesehen zweitklassigen Liga spielt.

HIER UND DA DER ALTE – RONALDINHO BEIM AC MILAN

Einige Sportstars waren ganz ganz oben und sind tief gefallen, beispielsweise Roy Jones jr. und Mike Tyson. Ähnlich wie Tyson erreicht Ronaldinho relativ jung einen absoluten Peak und stürzt dann brutal ab. Er gewinnt zwar noch einige Titel in Brasilien, doch gemessen an seinem Können und seinen früheren Triumphen sind sie kaum erwähnenswert. Ronaldinho ist einer der ganz großen Was Wäre Wenn Fragen des Weltfußballs. Fakt ist, er war einer der letzten ganz großen Einzelkönner des Fußballs. Er hat das Team um sich herum extrem besser gemacht. Seine Magie, Tricks und Ausstrahlung lassen sich in Zahlen kaum einfangen. Er ist ein Straßenfußballer, der es bis nach ganz ganz oben geschafft hat. Dazu kommt sein Lächeln, das wir bei keinem anderen Spieler so oft gesehen haben. In einer Welt der Effizienz Maschinen wie Cristiano Ronaldo, der Diven wie Neymar oder der Verbissenen wie Oliver Kahn ist Ronaldinho die absolute Ausnahme. Welcher Spieler konnte so feiern wie der Brasilianer und noch abliefern? Welcher Spieler hatte denn sonst so viel Spaß auf einem professionellen Fußballplatz wie der Mann aus Porto Alegre? Vielleicht hebt gerade das den Brasilianer von allen anderen ab. Denn Fakt ist: er hat alles im professionellen Fußball gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Weltmeister, Copa, Meister, Champions League und Ballon d’Or. Und er hatte dabei wahrscheinlich die geilste Zeit von allen.

RONALDINHO GAUCHO ZAUBERFUSS

DAS BUCH ÜBER RONALDINHO: BIOGRAFIE

ROMAN HORSCHIG

Roman Horschig arbeitet mit absoluter Leidenschaft als Sportkommentator, Stadionsprecher und Moderator in ganz Deutschland. Mit seinem großen Enthusiasmus für den Sport macht er auch Ihr Event zu einem absoluten Erlebnis. Versprochen.

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24. Juli 2020

GOAT

  • Posted By : Roman Horschig/
  • 0 comments /
  • Under : Boxen, Rückblick

Mit freundlicher Unterstützung von Tim Yilmaz und dem Mariposa Boxing Club in Sendling.

Superlativen sind im Sport nicht nur gern gesehen, die meisten Sportfans der Welt kriegen nicht genug davon. Sie sind das Heroin, dass die Sportwelt während der Corona-Zeit gebraucht hat. So weit hergeholt und schwierig die Vergleiche verschiedener Generationen oft sind, so sehr lieben wir sie als Sportfanatiker. Fakt ist, kaum eine menschliche Person wird so viel Weltruhm erlangen, wie einer der besten Sportler seines Fachs. Michael Jordan, Pele oder Wayne Gretzky. Jeder, der sich in seinem Leben jemals mit Basketball, Fußball oder Eishockey beschäftigt hat, kennt diese Namen. Gerade bei den Mannschaftssportarten gehören neben der eigenen überragenden Leistung auch starke Anführer Qualitäten zum Repertoire eines jeden All Time Great. Im heutigen Blog schauen wir allerdings auf einen anderen Sport. Einen Sport, der sich von nahezu allen anderen Sportarten dieser Welt grandios abhebt. Weil es bewusst darum geht seinen Kontrahenten zu verletzen und sich körperlich gegen ihn durchzusetzen. Es ist kein Spiel, sondern der Kampf Mann gegen Mann. The noble Art of Boxing ist eine brutale Kunst, die die Mengen seit jeher fasziniert. Im Ring bist du allein und es ist kein Teamkamerad ist da, der dich im Zweifelsfall retten kann. Das Adrenalin der Kämpfer springt bis auf die Zuschauermassen über, die nicht selten elektrisiert wie sonst kaum den Ort des Geschehens verlassen. Bleibt eigentlich nur noch eine wichtige Frage: Wer ist denn nun der GOAT im Faust Gefecht?

In früheren Zeiten hatten die Weltmeister im Schwergewicht, der Königsklasse des Boxens, einen ähnlichen Status wie der amerikanische Präsident. Und wenn man die illustre Geschichte des Faustkampfs zurückverfolgt, gibt es einige ganz große Namen auf der Liste der besten aller Zeiten. Doch wer ist nun der größte und beste Boxer der je nach den Regeln des Marquess of Queensberry im Schwergewicht gekämpft hat? Die Königsklasse des Boxens, auf die sich nahezu alle Aufmerksamkeit richtet (Andere große Kämpfer in leichteren Gewichtsklassen werden hier bewusst außen vor gelassen). Aus den Namen der ganz Großen ragen aus meiner Sicht zwei Boxer heraus: Joe Louis und Muhammad Ali. Der braune Bomber und der Größte. Zwei Boxer, die man in dieser Form niemals zuvor und auch niemals danach wieder gesehen hat. Zwei Ikonen des Sports, die bis heute unvergessen sind. Warum Louis und Ali für mich die Besten sind, wird aus diesem Artikel hervorgehen. Doch neben dieser Tatsache möchte ich vor allem herausstellen, wer denn der Bessere der beiden Ausnahmeathleten war.

Herzlich Willkommen bei GOAT: Joe Louis oder Muhammad Ali?

DER BRAUNE BOMBER

Joe Louis Box Rec | Joe Louis Buch

Meine Definition von Angst ist es, in einem Ring mit Joe Louis zu stehen und zu wissen, dass er früh nach Hause möchte. – Max Baer, ehemaliger Schwergewichtsweltmeister

Joe Louis wird am 13. Mai 1914 in La Fayette, Alabama geboren. Er wächst in bescheidenen Verhältnissen auf und seine Mutter ist stolz, dass sie ihrem Sohn Geld für Violine Stunden geben kann. Ein Freund überzeugt ihn dann aber, das Ersparte der Mama lieber in etwas Mannhaftes zu stecken: den Faustkampf. So kommt der junge Louis (erst heimlich) zum Boxen und überzeugt schnell mit seinem Talent. Erste Rückschläge in seiner Amateurlaufbahn steckt der schüchtern wirkende Joe schnell weg und boxt sich ganz nach oben auf Amerikas Box Thron. Auf die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1936 verzichtet er allerdings, da die politische Situation in Berlin es für schwarze Boxer nahezu unmöglich macht faire Bedingungen zu erhalten. Mit einer überragenden Amateurbilanz von 53-3 wird Louis im Jahr 1934 Profi. Und er räumt die Seilgevierte auf, wie kaum ein Boxer vor ihm. Schnell ist er die schwarze Hoffnung und hat ganze Menschenmassen hinter sich, die ihn anhimmeln. Er ist das komplette Gegenteil des ersten schwarzen Weltmeisters Jack Johnson. Louis ist angepasst, höflich und der perfekte Schwiegersohn. Zumindest nach außen hin. Im Ring wirkt er wie ein Panther, der im richtigen Moment tödlich zuschlägt.

Im Boxring trifft Louis dann 1936 der erste Nackenschlag. Gegen den deutschen Max Schmeling muss der braune Bomber seine erste Niederlage als Profi hinnehmen. Louis ist zu diesem Zeitpunkt erst zwei Jahre Profi. Auch, wenn er kurz darauf die Schwergewichtskrone gegen den Cinderella Man James Braddock erobert, nagt dieser Rückschlag innerlich sehr an ihm. Und er bekommt die Chance ihn zu rächen. In dem vielleicht epischsten Gefecht der Boxgeschichte revanchiert sich Louis durch einen Knockout in der ersten Runde an seinem deutschen Widersacher. Trotz der großen Depression, sehen über eine Million Zuschauer den politisch aufgeheizten Kampf. Der braune Bomber ist ganz oben angekommen und bleibt dort eine Ewigkeit. Trotz einer langen Zwangspause während des Zweiten Weltkrieges verteidigt Louis seinen Weltmeistertitel 25 Mal ehe er sich 1948 zur Ruhe setzt. Sein Comeback, dass er nur aufgrund finanzieller Schieflage in Angriff nimmt, scheitert 1951 endgültig durch eine Niederlage gegen seinen legitimen Nachfolger Rocky Marciano. Louis beendet seine Karriere danach endgültig mit einer Bilanz von 66-3. Für viele Boxexperten ist Louis bis heute der größte Champion, der je einen Boxring betreten hat.

Credits to Reznick

DER GRÖSSTE

Muhammad Ali Box Rec | Muhammad Ali Buch

Es ist schwer demütig zu sein, wenn man so toll ist wie ich. – Muhammad Ali

Cassius Clay wird am 17. Januar 1942 in Louisville, Kentucky geboren. Der extrem extrovertierte junge Mann beginnt 1954 mit dem Boxen. In seiner Amateurkarriere legt er die beeindruckende Bilanz von 37-8 hin und krönt das Ganze mit seinem Sieg bei den Olympischen Spielen in Rom 1960 (Es gibt hundert verschiede Amateurbilanzen von Ali, diese hier ist die am meisten bestätigte, weiß Gott welche richtig ist). Ali, der einer sagenumwobenen Story nach seine Goldmedaille ins Wasser des Ohio River geworfen hat, wird danach umgehend Profi. In einem der größeren Upsets der Schwergewichtsgeschichte besiegt er 1964 den Champion Sonny Liston und wird zum ersten Mal Weltmeister in der Königsklasse. Der Speedy Gonzalez des Boxens nennt sich kurz darauf einfach in Muhammad Ali um und verweigert dann auch noch den Kriegsdienst in Viet-Nam. Diese unglaubliche heroische Tat führt dazu, dass Ali seinen WM-Gürtel nach einigen Titelverteidigungen niederlegt und erst nach drei Jahren gegen Joe Frazier die Chance erhält ihn zurückzuerobern. Im Fight of the Century erleidet Ali seine erste Niederlage als Profi und geht dabei auch noch auf die Bretter. Doch der 1,91 Meter große Mann kommt stärker zurück. In den nächsten Jahren besiegt er nämlich nicht nur Frazier, sondern holt sich auch seinen Titel im Rumble in the Jungle gegen George Foreman zurück. Ali verteidigt seine neue WM-Krone insgesamt zehnmal, um sie dann sehr überraschend gegen den mittelmäßig eingeschätzten Leon Spinks zu verlieren. Im Rückkampf besiegt Ali allerdings Spinks und wird so als erster Mann auf diesem Planeten zum dritten Mal Weltmeister im Schwergewicht. Doch Ali ist mittlerweile weit über seinen Zenit hinaus und nach zwei überflüssigen Niederlagen setzt sich der Boxerpoet 1981 mit einer Bilanz von 56-5 zur Ruhe. Für viele ist Ali bis heute der größte Boxer aller Zeiten und dient selbst der heutigen jungen Generation noch als Vorbild und Quelle von Motivation.

Credits to Mateusz M

DER VERGLEICH

So weit, so gut. Wie vergleicht man nun zwei Ringlegenden, die zu völlig unterschiedlichen Zeiten im Seilgeviert standen? Ich werde im Rahmen dieses Blogs drei unterschiedliche Kategorien herausstellen: Boxerischer Erfolg, Persönlichkeit und direkter Vergleich. Anhand dieser drei Kriteria vergleiche ich die beiden Schwergewichte. Wie die Lateiner sagen: Vir fortior vincat!

BOXERISCHER ERFOLG

Ja, ich habe große Angst. Ich habe große Angst, dass ich Schmeling töte. – Joe Louis

Der Name der Kategorie spricht für sich: Wer der beiden absoluten Ausnahmeboxer war am Ende aus boxerischer Sicht erfolgreicher? Hierbei werden verschiedene Dinge berücksichtigt: Länge der Regentschaft, Stärke der Gegner, die Art und Weise wie der Sieg errungen wurde. Dazu noch die Größe und Wertigkeit ihrer Kämpfe. Wobei natürlich am Ende immer der Sieg an sich das Entscheidende ist. 

In Sachen Länge der Regentschaft ist Joe Louis das Nonplusultra der Box Historie. Insgesamt 25 Titelverteidigungen am Stück, macht insgesamt elf Jahre und acht Monate. Davon vier Jahre im Militärdienst, in denen Louis in knapp hundert Exhibitions Fights kämpft. Ein Rekord vielleicht für die Ewigkeit. Wäre der Zweite Weltkrieg nicht dazwischen gekommen, wie viele Titelverteidigungen hätte der Braune Bomber dann? Wir können nur mutmaßen. Für alle Boxfans ein kurzes Experiment: Stellt euch mal bitte vor Anthony Joshua würde jetzt auf dem Zenit seines Könnes vier Jahre Pause machen. Klingt extrem krass? Joe Louis hat genau das getan und trotzdem 25 Titelverteidigungen! Muhammad Ali kommt auf insgesamt 21 Titelverteidigungen. Eine ebenfalls starke Zahl, allerdings während seiner drei Regentschaften. Seine längste Amtszeit als Schwergewichts Champion liegt bei drei Jahren und drei Monaten. Wenn man ihn auch während seiner Abstinenz als Champion sieht, dann kommt er auf knapp sieben Jahre an der Spitze. Auch Ali ist durch den Entzug seiner Boxlizenz aufgrund seiner Kriegsdienstverweigerung gehandicapt und verliert nahezu genauso viel Zeit seiner Prime Time. Doch die Zahlen lassen keine Fragen offen, Louis ist der konsistentere Boxer gewesen.

Ein Vorwurf, der an dieser Stelle häufig fällt ist, dass Louis seinen Titel nur gegen schwache Gegner verteidigt hat. Der “Bum of the Month” Club hat sicherlich einige überhaupt nicht illustre Teilnehmer gehabt. Hier allerdings mal eine Liste von Gegnern, gegen die Louis seinen Titel entweder verteidigt hat oder die er bereits vor seiner Regentschaft bezwungen hat: Primo Carnera, Max Baer, James Braddock, Max Schmeling, Billy Conn und Jersey Joe Walcott. Sechs ehemalige oder zukünftige Weltmeister, die der braune Bomber entweder sofort demontiert oder in einem Rematch deutlich in die Schranken gewiesen hat. Ali auf der Gegenseite wird immer eine Art heroische Gegnerauswahl nachgesagt. Er hat überall und gegen jeden geboxt, ist ein Satz, der häufig in den Raum geworfen wird. Doch ist das wirklich so? Ersteres würde ich zu 100 Prozent unterschreiben, ja Ali hat überall geboxt. In Deutschland gegen Karl Mildenberger, in Kanada gegen George Chuvalo, in England gegen Henry Cooper, um nur einige Auswärts Kämpfe zu nennen. Doch auch Ali hatte einige Gegner, die nicht zur Creme de la Creme des Boxsports gehören. Wenn man sich die Liste seiner stärksten Widersacher anschaut, kommt man auf folgende Namen: Joe Frazier, George Foreman, Sonny Liston, Floyd Patterson und Ken Norton. Vielleicht noch Cleveland Williams, Jerry Quarry und Ron Lyle. Alle anderen in seinem Ringresüme sind kaum besser, als die Gegner die Louis geschlagen hat. Nur Joe Frazier und George Foreman verdienen in der Nachbetrachtung das Prädikat: Besser als alle, die Joe Louis vor den Fäusten hatte. Wenn ich die Hand aufs Herz legen müsste, würde ich sagen, dass Ali die besseren Gegner hatte. Aber deutlich knapper, als das in aller Regel verglichen wird. Und ein entscheidender Faktor kommt noch dazu: Während Louis jeden zweifelhaften Sieg mit einem deutlichen Triumph untermauert hat, hat Ali gegen Joe Frazier und Ken Norton den Vergleich, wenn überhaupt nur hauchdünn gewonnen. Einer deutlichen Niederlage gegen Frazier im Fight of the Century folgt 1974 ein Punktsieg. Im Thrilla von Manilla, der vielleicht größten Ringschlacht aller Zeiten, ein hauchdünner Triumph. Gegen Norton wird bis heute diskutiert ob Ali überhaupt gewonnen hat. Bezieht man also neben der Stärke der Gegner auch noch die Art und Weise der Siege mit ein, ist das hier ganz klar ein Duell auf Augenhöhe.

Während seiner Karriere ist Muhammad Ali Teil der legendärsten Gefechte im Seilgeviert. Sein Mega Upset im 1964 gegen Sonny Liston, seine Niederlage gegen Joe Frazier im Fight of the Century und seine unglaubliche Leistung im Thrilla in Manilla ebenso gegen Frazier. Dazu kommt der Sieg im Rumble in the Jungle, dem für nahezu alle Fans größten Kampf Alis. Mit Worten ist die Größe und die Wertigkeit dieser Gefechte kaum zu beschreiben. Doch einem Duell in der Boxgeschichte müssen sie sich alle beugen: dem Gefecht 1938 zwischen Joe Louis und Max Schmeling. Das Duell der beiden Boxer wird nicht nur zum größten Sportereignis des Jahres, sondern auch zur politischen Auseinandersetzung. Hitler und Nazideutschland glorifizieren Schmeling und lassen ihn unfreiwillig als Vertreter der deutschen Herrenrasse antreten. Dagegen steht Joe Louis als schwarzer Boxer und Kämpfer für die freie Welt. Präsident Roosevelt lädt ihn eigens ins weiße Haus ein, um sicherzugehen, dass der braune Bomber weiss wie wichtig diese Aufgabe ist. Dazu kommt der Fakt, dass der deutsche Ausnahmeathlet Louis seine erste und bisher einzige Niederlage im Seilgeviert zugefügt hat. Der Druck und die öffentliche Wahrnehmung könnte größer nicht sein. Doch Louis hält stand und wie! Er demoralisiert Schmeling (der innerlich ein absoluter Gegner von Hitlers Politik war) und damit ganz Nazi Deutschland in der ersten Runde durch Knockout. Einen Sieg, den es in dieser Größe im Boxsport später nie mehr gegeben hat.

Muhammad Ali und Joe Louis sind die beiden erfolgreichsten Schwergewichte, die jemals einen Boxring betreten haben. Kein anderer Boxer war jemals Teil einer solchen Anzahl an großen Schlachten und hat sich gegen derart viele starke Boxer durchgesetzt. Diejenigen unter den Boxlegenden, die mehr Titelverteidigungen auf dem Zettel haben als Ali, haben dies zweifelsfrei gegen schwächere Gegner getan. Ein Larry Holmes beispielsweise hat ein deutlich schwächeres Ringresüme als Ali. The Greatest hat Maßstäbe gesetzt. Doch wie man es dreht und wendet, wenn man sich alles wirklich im tiefsten Detail anschaut, dann ist der Braune Bomber boxerisch der erfolgreichere Mann. Der 1,88 Meter große Louis steht Ali in keiner Kategorie nach und übertrifft den Olympiasieger von 1960 deutlich in Sachen Konsistenz. FAZIT VORTEIL LOUIS.

Credits to Rummys Corner

PERSÖNLICHKEIT

Als ich 12 oder 13 war, schenkte mir Ali ein Paar seiner Handschuhe. Sie waren innen voll Blut und meine Mutter hat sie weggeworfen. Es war das erste Mal, dass ich meine Mutter verflucht habe. – Mickey Rourke, Schauspieler

In vielerlei Hinsicht hat ein Mann den Weg für Louis und Ali geebnet. Oder auch nicht geebnet: Jack Johnson. Der erste schwarze Schwergewichts-Champion überzeugte boxerisch und rebellierte neben dem Ring gegen alles, was der weiße Mann zu bieten hatte. Er zeigt sich mit weißen Frauen, demontiert weiße Boxer und isst in weißen Restaurants, als ob es keine Rassentrennung geben würde. Er ist wahrscheinlich der Hauptgrund, warum Joe Louis sich das Image eines Saubermanns zulegen musste. Keine Fotos mit weißen Frauen, immer höflich und nett und vor allem angepasst. Louis, der hinter der Fassade ein ganz anderes Leben lebt, ist der erste schwarze Champion der auch von einem Großteil der weißen Menschen verehrt wird. Ali hingegen folgt eher Johnsons Vorbild und wird vielleicht noch mehr gehasst als der Galveston Giant. Mit 23 Jahren ändert er seinen Namen von Cassius Clay in Muhammad Ali und ist Zeit seiner Karriere umgeben von der Nation of Islam mit ihrem Anführer Elijah Muhammad. Ali folgt dessen Ideologien und verkündet immer wieder, wie stolz er ist schwarzer Moslem zu sein. Unter anderem beleidigt er auch Joe Louis als Onkel Tom, ein Ausdruck der damals für Schwarze verwendet wird, die sich bei den Weißen anbiedern. Eine Aussage, die falscher nicht sein könnte.

Louis ist der große Held der schwarzen Generation in Amerika in den Dreißiger und Vierziger Jahren. Er ist ein Schwarzer, der es geschafft hat, und zwar aus armen Verhältnissen an die Spitze. Dadurch wird er zum Vorbild für eine unendliche Menge junger Menschen und zum ersten schwarzen Sportstar in den Staaten. Als Louis später in der Armee dient, sorgt er dafür dass auch schwarze Soldaten bei seinen Kämpfen zu Gast sein dürfen. Er setzt sich stark für seine schwarzen Mitmenschen ein und ermöglicht vielen von Ihnen eine Offizierslaufbahn. Später, als seine Boxkarriere sich dem Ende zuneigt, revoltiert er gegen die Rassentrennung im Golfsport. Zu dieser Zeit dürfen Schwarze erstmals an offiziellen Turnieren teilnehmen. Louis tut einiges gegen die damalige Rassentrennung. Dazu wird er von Größen wie Nelson Mandela und Martin Luther Kind als Vorbild gepriesen. Gleichzeitig ist er die Marionette der US-Regierung und erfüllt Propaganda Zwecke. Fast ironisch ist es, dass später eben jene Regierung ihn tief finanziell bluten lässt. Louis hat seit seiner Nachkriegs Karriere eine hohe Menge an Schulden, die ihn noch Jahrzehnte später verfolgen. Er muss Jobs und auch noch zwei Boxkämpfe annehmen, die er unter anderen finanziellen Umständen niemals gekämpft hätte. Auch als Vater hat Louis nicht den besten Ruf. Er stirbt relativ verarmt im Alter von 67 Jahren aufgrund starker Krankheit in Las Vegas.

Muhammad Ali ist wohl DIE Sportikone überhaupt. Übergroß und vergöttert, kommt man einfach nicht am Mann aus Louisville vorbei. Wenn man ein Highlight-Reel von Ali auf Youtube anschaut, könnte man meinen er ist die Definition eines modernen Helden. Und das ist er. Ein Held, der gleichzeitig ein Mensch mit Schwächen ist wie wir alle. Ali benennt sich mit 23 Jahren von Cassius Clay in Muhammad Ali um. Er tritt zu diesem Zeitpunkt der Nation of Islam bei und vertritt deren radikalen Ansichten. Seite an Seite mit Malcom X und dem Führer der schwarzen Moslems Elijah Muhammad wird er zum schwarzen Bürgerrechtler, der öfter über das Ziel hinaus schießt. Ali kennt keine zwei Meinungen mehr. Vielleicht schlummert eine tiefe unsichtbare Unsicherheit im großen Champion, wir wissen es nicht. Doch Ali folgt dem Kult. Was ihn natürlich, genauso wie Louis, zu einem Helden für eine ganze schwarze Generation macht. Zu einem ganz anderen Helden wird er, als er die berühmten Worte: Ich habe kein Problem mit dem Viet Cong! ins Mikrofon spricht. Ali verweigert den Kriegsdienst und bringt dafür das größtmögliche Opfer: Drei Jahre ohne Boxen und der Verlust seines WM-Gürtels. Zuerst von einem Großteil der Öffentlichkeit dafür gehasst, doch dann wandelt sich das Bild später. Als das amerikanische Volk erkennt, wie sinnlos der Vietnamkrieg ist, wird Ali zum übergroßen Helden. Unvergessen die Menschenmassen, die ihn bei seinem Kampf in Zaire folgen. Er ist ein König, innerhalb und außerhalb des Rings. Gleichzeitig wirkt er oft wie eine Marionette der Nation of Islam, ähnlich wie Joe Louis bei der US-Armee. Er ist ebenso kein guter Vater und schlägt vor allem mit seinem Trash Talk sehr häufig über die Stränge. So beleidigt er Joe Frazier aufs absolut Übelste und nennt sogar Joe Louis einen Onkel Tom. The Greatest stirbt im Alter von 74 Jahren an Parkinson in Scottsdale.

Sowohl Joe Louis, als auch Muhammad Ali sind riesengroße heldenhafte Persönlichkeiten. Ihre Schattenseiten, die jeder Mensch hat, verschwinden vor allem bei Ali oft hinter dieser Übergröße. Mit seiner Kriegsdienstverweigerung hat Ali ein absolutes Zeichen gesetzt, was Louis im Vergleich oft vorgehalten wird. Doch man kann wohl schwer den Kampf gegen den Dämon Hitler mit dem Vietnam Krieg vergleichen. Sowohl Ali, als auch Louis, haben sich unglaublich für die Schwarze Rechte eingesetzt. Jeder auf seine Art und Weise. Die beiden waren Vorbilder für eine Generation, und selten als Vater für ihre eigenen Kinder präsent. Sie waren in gewisser Weise Marionetten einer übergroßen Organisation: der US-Regierung und der Nation of Islam. Beide Boxer sterben relativ jung an schwerer Krankheit. So verschieden die beiden Athleten sind, so ähnlich ist ihre Geschichte außerhalb des Rings. Insgesamt muss sich Louis trotzdem Alis unglaublichem Charisma geschlagen geben, wenn auch hauchdünn. FAZIT VORTEIL ALI.

Credits to Ilias Khidir

DIREKTER VERGLEICH

Ali ist ein großer Kämpfer, aber er macht zu viele Fehler. – Joe Louis

Was gibt es schöneres oder schlimmeres als einen direkten Vergleich zweier Boxer, die in unterschiedlichen Generationen ihr Können gezeigt haben? Ali und Louis fallen hier nicht aus der Reihe, es ist sogar vielleicht das faszinierendste Fantasy Match-Up der Schwergewichtsgeschichte. Klingt vielleicht krass, ist aber so.

Unbestritten sind Alis höhere Geschwindigkeit und seine höhere Anpassungsfähigkeit an Alter und Gegner. Während Louis seinen Kampfstil während eines Gefechts nur selten adjustierte, änderte The Greatest immer wieder seine Taktik im Ring. Dazu kommt Alis unglaublich schnelle Beinarbeit. Ali hatte außergewöhnliche gottgegebene Reflexe und ein sehr starkes Kinn. Als Beispiel warum Ali Joe Louis auf jeden Fall bezwungen hätte, werden immer wieder die Duelle des braunen Bomber mit Billy Conn herangezogen. Billy Conn, ein Hall of Famer im Halbschwergewicht, stellt Louis in deren Gefechten mit seiner Beinarbeit und Schnelligkeit vor eine ganz große Herausforderung. Beinahe hätte er Louis seine zweite Profiniederlage zugefügt. Wenn schon ein Billy Conn so nah an einen Sieg herankommt, was hätte ein Muhammad Ali getan? Ein Mann, größer, schwerer und wahrscheinlich sogar noch schneller als Conn.

Auf der Gegenseite stehen allerdings auch einige Argumente, unter anderem ein ganz großes mit dem Namen Joe Frazier: Smokin Joe bezwingt einen Ali im Alter von 29 Jahren deutlich. Die Sache ist nur, dass Joe Louis nicht nur ein deutlich stärkerer Puncher war als Frazier, wahrscheinlich war er auch schneller. Ali hat immer Probleme mit guten Jabbern gehabt, siehe seine Duelle mit dem starken Ken Norton. Der Jab von Joe Louis ist einer der stärksten in der gesamten Box Historie. Fein und präzise wie ein Schweizer Messer. Vor allem die Geschwindigkeit in Louis Händen hätte Ali vor Probleme stellen können. Louis wäre in der Lage gewesen Alis Schwächen in der Defensive zu offenbaren und auszunutzen. Alis oft hochgelobter Anpassungsfähigkeit steht der braune Bomber im Großen und Ganzen in Nichts nach. In Rematches ist seine Bilanz nicht umsonst 10-0. Louis war ein Knockouter, cool wie eine Assasine mit absoluten Dampfhämmern in beiden Fäusten.

Muhammad Ali hätte wohl so seine Schwierigkeiten mit Joe Louis gehabt. Der starke Jab, die Geschwindigkeit in den Schlägen und die Coolness des braunen Bomber hätten zu einem vermutlich epischen Duell auf Augenhöhe geführt. Ganz ehrlich, wenn man die beiden Legenden in Ihrer Prime ins 21. Jahrhundert beamen könnte, wer würde nicht den pay-per-view zahlen? Insgesamt glaube ich, dass Muhammad Alis große Geschwindigkeit vor allem in den Beinen, ihm den Sieg gebracht hätte. Dazu kommen Vorteile in Größe und Reichweite. Im direkten Vergleich gilt also das FAZIT VORTEIL ALI.

Credits to Gatto Volante

FAZIT

Ich habe Joe Louis immer damit aufgezogen, dass ich der Größte bin. Aber Joe Louis war der größte Schwergewichtsboxer der Geschichte! – Muhammad Ali

Und wo stehen wir jetzt in unserer Gesamtbetrachtung? Bei einem leichten Vorteil für Muhammad Ali. Fakt ist: Es passt kaum eine Haaresbreite zwischen die beiden größten Schwergewichts-Champions aller Zeiten. Wen überrascht das? Sowohl Louis, als auch Ali haben Ihre Ära geprägt und dominiert. Ali kämpfte hier in einer etwas stärkeren Generation an Schwergewichtsboxern, dafür fuhr er auch die knapperen Siege ein. Für ihre sportliche Leistung hätten beide eine Statue verdient. 

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