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Mit freundlicher Unterstützung von Tim Yilmaz und dem Mariposa Boxing Club

Am 23. November 2019 hat Deontay Leshun Wilder seinen WBC-Gürtel im Schwergewicht zum zehnten Mal in Folge verteidigt. Der 34 Jahre alte Amerikaner stoppte den Kubaner Luis Ortiz in der siebten Runde mit einem krachenden One-Punch Knockout. Damit haben in der jüngeren Boxgeschichte nur Wladimir Klitschko und Larry Holmes ihren Weltmeistertitel noch öfter verteidigt als der Bronze Bomber. Dazu kam, dass Wilder erneut auf allen Punktzetteln deutlich hinten lag, bevor er sich mal wieder ein Herz fasste und den Kampf mit einer heftigen rechten Geraden für sich entschied. Der Amerikaner räumt seine Gegner seit Jahren reihenweise per Knockout aus dem Weg. Eines Tages will er eine Leiche in seinem Kampfrekord, an einem anderen Tag greift er seinem Gegner mit einem lukrativen Kampf finanziell unter die Arme. Wer ist dieser Mann mit zwei Gesichtern?

FRÜHE KARRIERE

Wilder wurde am 22.10.1985 in Tuscaloosa, Alabama im tiefsten Süden der USA als eines von vier Geschwistern geboren. Erst mit 21 Jahren begann er mit dem Boxsport im Skyy Boxing Club in seiner Heimatstadt unter Trainer Jay Deas. Wilders frisch geborene Tochter war mit einer seltenen Knochenkrankheit auf die Welt gekommen und Wilder hatte beschlossen Geld, als Journeyman zu verdienen. Journeymen sind Boxer, die im Ring absichtlich verlieren und dafür meistens sehr gut bezahlt werden. Um Geld für die notwendigen Operationen seiner Tochter zu verdienen, arbeitete Wilder auch als Trucker bei Budweiser. Sein boxerisches Talent wurde jedoch sehr schnell erkannt und er landete knapp eineinhalb Jahre nach seinem ersten Amateurkampf im Olympiakader der USA. Im Schwergewicht boxte er sich ins Halbfinale vor und wurde erst vom Italiener Clemente Russo relativ deutlich nach Punkten gestoppt. Von diesem Tag an nannte er sich, in Anlehnung an Joe Luis, Bronze Bomber.

Wilder wechselte dann nach nur 35 Amateurkämpfen und einer Bilanz von 30-5 zu den Profis, wo er anfing seine Gegner reihenweise auszuknocken. In seinem 33ten Kampf ging es für Wilder um den Weltmeistergürtel der WBC im Schwergewicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nie mehr als vier Runden im Ring gestanden. Unter anderem deklassierte er den ehemaligen Olympiasieger Audley Harrison, den ehemaligen WBO-Weltmeister Sharhej Ljachowitsch und den aufstrebenden Amerikaner Malik Scott. Und zwar alle per Knockout in Runde Eins! In seiner Ecke steht seit dem ersten Tag seiner Profikarriere der ehemalige Olympiasieger und WBA-Weltmeister Mark Breland.

Wilder bei Olympia in Peking

Wilder deklassiert Sharhej Ljachowitsch

WBC-WELTMEISTER

Trotz dieser Siegesserie ging der relativ unbekannte Wilder als Außenseiter ins Duell mit dem Kanadier Berman Stiverne. Im MGM Garden kam es schließlich im Januar 2015 zum Aufeinandertreffen und Wilder errang mit einem klaren Punktsieg den WBC-Gürtel. Wilder war somit der erste amerikanische Schwergewichtsweltmeister seit Shannon Briggs in 2007.

In der Folge verteidigte Wilder, der leidenschaftlich Waffen sammelt, seinen Titel fünfmal unter anderem gegen Gerald Washington, Chris Arreloa und Artur Szpilka. Wilder hatte zum Zeitpunkt seines Weltmeistertitels erst 68 Kämpfe unter Wettbewerbsbedingungen bestritten. Daher wählte sein Team Kämpfe aus, in denen Wilder sich weiterentwickelte. In der breiten Öffentlichkeit und auch in boxerischen Kreisen bekam Wilder auch deshalb wenig Anerkennung. Trotz seines steilen Aufstieges und trotz seiner phänomenalen Knockout-Quote.

Nach nur eineinhalb Jahren Boxtraining bei den Olympischen Spielen auf dem Treppchen zu stehen ist ein absolutes Novum. Seine kurze Amateurkarriere im Hinterkopf ist auch sein Aufstieg bei den Profis nahezu einmalig. Die beiden Hauptargumente gegen Wilder waren sein wilder und technisch unsauberer Boxstil und eben seine Gegnerauswahl. Beide Argumente sollte Wilder in 2018 auf spektakuläre Weise entkräften.

ORTIZ

Für November 2017 wählte Wilder nämlich einen Gegner aus, der von der gesamten Schwergewicht-Elite bis dato gemieden wurde: Luis „King Kong“ Ortiz.

Der Kubaner mit dem brutalen Amateurrekord von 349-19 war für Wilder eine völlig neue Herausforderung. Kubanische Schule und ebenso wie Wilder noch ungeschlagen als Profi. Wilder ging trotz seines WBC-Gürtels als Außenseiter in dieses Duell. Ortiz fiel allerdings durch den Drogentest und Wilder besiegte stattdessen in einem Rematch Bermane Stiverne, diesmal in Runde Eins. Dieser Knockout war so spektakulär, dass Wilder das erste Mal auch in der breiten Öffentlichkeit und in den sozialen Medien Aufmerksamkeit erregte.

Doch der Ortiz Kampf sollte kommen und wie! Im März 2018 forderte Ortiz Wilder in New York heraus und schaffte es als erster Gegner den Bronze Bomber in ernsthafte Bedrängnis zu bringen. Der WBC-Champion wackelte ernsthaft in der siebten Runde. Doch Wilder kam in der zehnten Runde zurück und knockte Ortiz spektakulär mit einem rechten Aufwärtshaken aus. Die bessere Vorbereitung seiner rechten Schlaghand und vor allem starke Nehmerqualitäten sorgten dafür, dass Wilder in einem ganz anderen Licht wahrgenommen wurde. Wilder hatte seinen WBC-Titel zum siebten Mal verteidigt. Was wenige wissen: Auch die Tochter von Luis Ortiz leidet an einer seltenen Krankheit und Wilder griff seinem Kontrahenten durch diese lukrative freiwillige Titelverteidigung unter die Arme. Mit seinem Sieg gegen Ortiz setze Wilder ein großes Ausrufezeichen! Als nächsten Gegner konnte es nur einen geben: den amtierenden WBA, IBF und WBO-Weltmeister Antony Joshua.

Quelle (ebenso Titelbild): PremierBoxingChampions – Ryan Hafey

FURY

Doch Joshua und Wilder fanden keine Einigung in Sachen Kampfbörsen und so kam plötzlich ein ganz anderer Name ins Spiel: Tyson Fury.

Der ungeschlagene lineare Weltmeister war nach schwerer Depression aus der Versenkung zurückgekehrt und forderte den WBC-Champion heraus. Für diesen Kampf kassierte Wilder vier Millionen Dollar plus Boni, seine größte Börse bis dato.

In der epischen Ringschlacht in Los Angeles sah Wilder elf Runden lang wie der sichere Verlierer aus. Doch in Runde Zwölf schaffte der Amerikaner das Unglaubliche. Vermeintlich auf allen Punktzetteln deutlich hinten liegend schlug er Tyson Fury mit einer krachenden Kombination, einer Links-rechts Gerade gefolgt von einem linken Haken zu Boden. Fury, der in seiner Profikarriere vorher erst einmal am Boden war, stand allerdings auf unglaubliche Weise vor Ablauf der zehn Sekunden wieder auf. Der Kampf endete mit einem kontroversen Unentschieden.

Obwohl die meisten Boxexperten Tyson Fury als Sieger sahen, stieg Wilders Ansehen in der Öffentlichkeit weiter. Allerdings zeigte Fury Wilder in vielen Bereichen auch klar die Grenzen auf. Gegen die Beinarbeit und Finten des Gypsy King wirkte Wilder teilweise wie ein Straßenschläger. Immer wieder versuchte der Bronze Bomber vergeblich seine rechte Hand anzubringen und brachte während des gesamten Kampfes nur 17 Prozent seiner Schläge beim Gegner an. Auch laut eigener Aussage war er viel zu sehr auf den Knockout fixiert, was ihn sehr berechenbar machte. In 2019 stieg Wilder nicht wie erwartet zum Rematch gegen Fury in den Ring, sondern besiegte zunächst Pflichtherausforderer Dominic Breazele durch spektakulären Knockout in Runde Eins. Danach duellierte sich der achtfache Familienvater erneut mit Luis Ortiz und entschied auch dieses Gefecht in der siebten Runde für sich.

Quelle: PremierBoxingChampions – Ryan Hafey

TITELVEREINIGUNG 2020?

In den letzten Jahren hat sich Wilder boxerisch bedeutend gesteigert. Eine deutlich kontrolliertere Kampfführung, das Warten auf den richtigen Moment und mehr Führhände zum Körper sind nur einige Dinge, die der Amerikaner verbessert hat. „Sie müssen zwölf Runden lang perfekt boxen, ich nur zwei Sekunden“, ist die vielleicht legendärste Aussage Wilders. Gerade sein letzter Kampf gegen Luis Ortiz hat dies wieder gezeigt. Obwohl der Kubaner den Bronze Bomber sieben Runden lang boxerisch in den Schatten stellte, nutze Wilder den ersten kleinen Fehler seines Kontrahenten eiskalt aus und schickte ihn auf die Bretter. Kein anderer Boxer im Schwergewicht geht bei seinen Schlägen so ein hohes Risiko ein wie der Bronze Bomber. Während er seine Führhand oft als Reichweitenmesser benutzt, riskiert er bei seiner rechten Geraden mit schneller Distanzüberbrückung und hoher Explosivität oft alles. Dieses Risiko hat sich bisher ausnahmslos ausgezahlt. Was ihm boxerisch fehlt, macht er mit Kraft, perfektem Timing und einer starken Ausdauer wett. Dazu kommen Wilders hohe mentale Stärke und sein gutes Kinn. Seine 95,4 Prozent Knockout-Quote ist unerreicht und wenn man Wilder heute als seinen Lieblingsboxer bezeichnet, erntet man nur noch selten schiefe Blicke.

Doch wird das alles reichen um wirklich die unumstrittene Nummer Eins im Schwergewicht zu werden? Am 22. Februar 2020 trifft Wilder in Las Vegas erneut auf Tyson Fury. Die vermutlich größten Siegchancen rechnet sich der Amerikaner über einen Knockout aus. Eine andere Möglichkeit wäre es den Briten auszuboxen. Dafür müsste der Bronze Bomber Fury deutlich mehr den Ring abschneiden und viel mehr saubere Führhände schlagen. Im ersten Stiverne Kampf hat er gezeigt, dass er dazu in der Lage ist. So oder so steht für Wilder historisches auf dem Spiel, denn der tiefgläubige Amerikaner kann sich zum einen die Krone des linearen Weltmeisters aufsetzen und zum anderen seinen WBC-Titel zum elften Mal in Folge verteidigen. Falls er dies schaffen sollte, wartet Antony Joshua.

Seit nun mehr über elf Jahren ist Deontay Wilder auf dem Weg in den Schwergewichtsolymp. Die beiden letzten Stufen dürften die Schwersten sein.

Wilder versus Fury Highlights

Wilder versus Ortiz Highlights

ROMAN HORSCHIG

Roman Horschig arbeitet mit absoluter Leidenschaft als Sportkommentator, Stadionsprecher und Moderator in ganz Deutschland. Mit seinem großen Enthusiasmus für den Sport macht er auch Ihr Event zu einem absoluten Erlebnis. Versprochen.

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